Behinderung (Rollstuhlfahrer) und ALG 2 - "Hartz4", Kfz-Hilfe und mehr
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin seit einer Erkrankung (Krebs) auf den Rollstuhl angewiesen und da ich arbeitsfähig bin (mit vielen Einschränkungen) erhalte ich ALG 2 - Leistungen.
Als Rollstuhlfahrer bin ich im ländlichen Gebiet jedoch zwingend auf ein Kfz angewiesen, da der ÖPNV hier nur "fragmentarisch" vorhanden ist. Ein Kfz verursacht jedoch auch Kosten (Kraftstoff, nötige Reparaturen usw.). Eine Anfrage beim Jobcenter, ob es dafür einen "behinderungsbedingten Mehraufwand" gibt, brachte lediglich die Info, das es keinen Mehrbedarf dafür gibt. Auf weitere Nachfrage erhielt ich die Antwort, das es eventuell möglich wäre, ein Darlehen vom Jobcenter für eine Reparatur zu erhalten (welches natürlich wieder mit dem Regelsatz zurückgezahlt werden muß). Leider reicht der Regelsatz eh schon kaum zum leben (noch dazu bei den derzeit exorbitanten Preissteigerungen).
Auf eine weitere Nachfrage meinerseits, wurde mir von einer anderen Mitarbeiterin geantwortet: "Dann haben Sie halt kein Auto mehr" und "Sie haben doch einen Rollstuhl". Daraufhin habe ich die Mitarbeiterin gefragt, wie sie sich das vorstellt, wie ich meine Einkäufe damit transportieren soll - ich benötige beide Arme zum fortbewegen. Darauf kam nur ein Achselzucken.
Meiner Meinung nach, sollte man sämtliche Mitarbeiter in Ämtern und auch alle Politiker mal für 1 Woche an einen Rollstuhl "fesseln" (ja ich habe dieses Wort ganz bewußt gewählt, denn ein Rollstuhlfahrer kann vor einem Hindernis nicht einfach so aufstehen und das Hindernis überwinden), damit sie auch einmal die Einschränkungen und Schwierigkeiten kennen lernen.
Ein weiterer Punkt ist auch die sog. Kraftfahrzeughilfe für Menschen mit Behinderung zum Kauf eines Kfz. Laut GG sind in Deutschland alle Menschen gleich. Wieso stehen dann Menschen mit Behinderung, die nicht arbeitsfähig sind, KEINE Leistungen der Kfz-Hilfe zum Erwerb eines Kfz zu? Auch diese Menschen haben ein Recht auf individuelle Mobilität (z.B für Arztbesuche, Einkäufe usw.).
Deutschland alimentiert die "halbe Welt" (Wozu zahlt Deutschland eigentlich noch an China Entwicklungshilfe, obwohl China in vielen Bereichen weiter entwickelt ist, als Deutschland?). Diese Gelder sollte man eher in der Behindertenhilfe in Deutschland einsetzen, denn hier besteht ein immenser Nachholbedarf. Vieles davon wurde hier bereits genannt (barrierefreie Zugänge zu Arztpraxen, öffentl. Einrichtungen, Schaffung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Handicap, rollstuhlgerechter Wohnraum, unkomplizierte Bewilligung ärztlich verordneter Hilfsmittel usw.).
Es sollten auch mehr Fördergelder z.B für den Umbau bestehender Wohnungen oder zum Neubau von behinderten- bzw. rollstuhlgerechten Wohnungen zur Verfügung stehen und deren Beantragung und Vergabe sollte unkompliziert und unbürokratisch von statten gehen.
Wo m.M. nach auch noch Nachholbedarf besteht sind öffentlich zugängliche Toiletten (behinderten- bzw. rollstuhlgerecht) auch in Einkaufsmärkten wie z.B. ALDI, NETTO, Lidl. Leider gibt es in den genannten Einkaufsmärkten fast keine Kundentoiletten.
"Der Worte sind genug gewechselt, Laßt mich auch endlich Taten sehn!" Johann Wolfgang von Goethe
geändert von
ISG Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmbH (Moderator)
am 1. August 2022