In deutschen Kommunen und Ländern sind Angebote und Nutzung von E-Partizipationssoftware noch sehr unterschiedlich. Einige Kommunen können auf langjährige Erfahrungen mit Online-Verfahren zurückgreifen oder haben sogar ständige Beteiligungsangebote geschaffen. Einige Bundesländer entwickelten bereits Portale, die landesweite Standards für E-Partizipation schaffen und interessierten Ministerien oder Kommunen schnell und kostengünstig eigene Anwendungen bereitstellen können. In anderen Regionen gibt es große Neugier – vielleicht aber auch noch Bedenken. Die folgende Beschreibung einer Referenzarchitektur für gute E-Partizipation soll allen weiterhelfen: Neulingen im Bereich der E-Partizipation mit der Beschreibung eines modularen Gesamtsystems, sowie den Erfahrenen mit wertvollen Hinweise für ihre bestehenden Angebote.
Die Referenzarchitektur wird im Folgenden daher in mehreren Schritten entwickelt. Zunächst werden die Funktionen beschrieben, die Grundlage einer jeden Beteiligungssoftware sein sollten (Kapitel 3). Dazu gehören nicht nur die Eingabemöglichkeiten für Beteiligte, die die Teilhabe an Entscheidungsprozessen überhaupt erst ermöglichen, sondern vor allem auch die Systemkomponenten, die für die Durchführung und Auswertung der Verfahren in der Verwaltung entscheidend sind.
Steht die Basis, werden die verfahrensspezifischen Anforderungen aus den zentralen Anwendungsfällen beleuchtet (Kapitel 4). Dabei werden die Nutzerbedürfnisse der späteren Anwender in den Blick genommen. Die verfahrensspezifischen Anforderungen werden im Zuge der Beschreibung als notwendig und empfohlen bewertet. Denn bspw. wäre es schon ein Zugewinn an verbesserter Öffentlichkeitsbeteiligung, wenn zukünftig in Kommunen, die bisher keinerlei Informationen online zur Verfügung gestellt haben, PDF-Dokumente zu Planungsprozessen im Internet veröffentlicht werden und Bürger sich via E-Mail dazu äußern können. Jedoch würde ein solches Angebot die Standards guter E-Partizipation, die mit der Referenzarchitektur gesetzt werden sollen, nicht erfüllen. Einerseits, weil die heutigen technischen Möglichkeiten transparentere und benutzerfreundlichere Online-Angebote möglich machen und andererseits, weil der Aufwand für die Verarbeitung der potenziell unzähligen, unstrukturierten E-Mails, die an die Verwaltung gerichtet werden, nicht ausreichend berücksichtigt werden würde. Notwendige Funktionen beschreiben somit den Standard, den neu eingeführte Systeme heute nicht mehr unterschreiten sollten – empfohlen werden darüber hinaus weitere Funktionen, die die Beteiligungsverfahren für Beteiligte und/oder Verwaltung noch leichter und attraktiver machen können. Es kann sich dabei auch lohnen, einen Blick auf die Funktionen eines Szenarios zu werfen, das aktuell (noch) nicht geplant ist – denn einige Funktionen können auch für andere Anwendungsfälle sinnvoll sein: Bspw. können gut konzipierte Kommentarfunktionen auch in einem Verfahren der räumlichen Planungen hilfreich sein, in dem ansonsten Eintragungen auf einer digitalen Karte im Fokus stehen.
Nach Sammlung und Zusammenstellung aller notwendigen und empfohlenen Funktionen, behandelt Kapitel 5 die technische Umsetzung des Projektes anhand einer Referenzarchitektur. Sie unterstützt Akteure bei ihrer Suche nach einer Partizipationssoftware dabei, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die dort behandelten Aspekte stehen häufig nicht so stark im Fokus wie die in Kapitel 3 und 4 behandelten konkreten Funktionen, auch wenn sie für eine wirtschaftliche technische Umsetzung von großer Bedeutung sind. Es wird daher empfohlen, Kapitel 5 mit der gleichen Aufmerksamkeit zu lesen, wie die vorangehenden Kapitel.
Kapitel 5 beschreibt die technische Umsetzung des E-Partizipationsprojektes. Um zu einer langfristig erfolgreichen und wirtschaftlichen Lösung zu gelangen, müssen zunächst weitere – „nicht-funktionale“ – Anforderungen in Betracht gezogen. Darüber hinaus sollte die eigene Ausgangssituation und die gegebenen Möglichkeiten bewertet werden. Kapitel 5.1 liefert daher zunächst eine Übersicht über nicht-funktionale Anforderungen (wie bspw. Interoperabilität, Wartbarkeit oder Gebrauchstauglichkeit). Kapitel 5.2 gibt dann Hinweise zur Bewertung der eigenen Ausgangssituation und der Möglichkeiten einer wirtschaftlichen und nach Möglichkeit koordinierten Implementierung einer technischen Lösung.
Kapitel 5.3 beschreibt schließlich die Referenzarchitektur für E-Partizipationsplattformen. In diesem Kapitel werden auch die bestehenden Empfehlungen des IT-Planungsrats berücksichtigt und in Beziehung gesetzt. Insbesondere auf die Referenzarchitektur „Elektronische Verwaltungsarbeit“ sowie zum „Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit“ wird an geeigneter Stelle verwiesen, um die Anschlussfähigkeit des Dokuments sicherzustellen.
Der exemplarische und softwaretechnisch vorteilhafte Aufbau der Referenzarchitektur für E-Partizipationssoftware deckt sodann unterschiedliche Vorgehensweisen ab. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten: eine Anwendung am Markt einkaufen oder ein eigenes System neu- oder weiterentwickeln. Daher wird zunächst beleuchtet, welche Gründe für jeweils eine der Optionen sprechen. Wird gegen eine eigene Entwicklung entschieden und dadurch eine Ausschreibung nötig, werden in Kapitel 5.3.2 dafür die wichtigen Hinweise gegeben. Fällt die Wahl auf eine Neuentwicklung hilft das modulare Gesamtbild der Referenzarchitektur in Kapitel 5.3.3 weiter, um zu einem erfolgsversprechenden E-Partizipationsangebot zu gelangen. In Kapitel 5.3.4 wird ein Schwerpunkt auf die Möglichkeiten der Integration der Lösung gesetzt, also u. a. die Einbettung in den Webauftritt wie auch die Verzahnung mit der eigenen Infrastruktur und somit der Integration in die eigenen Workflows. Schließlich beschreibt Kapitel 5.3.5 einen konkreten exemplarischen Aufbau einer E-Partizipationsplattform.
Abbildung 3 Wegweiser zum Aufbau des Dokuments
"Bspw. können gut konzipierte Kommentarfunktionen auch in einem Verfahren der räumlichen Planungen hilfreich sein, in dem ansonsten Eintragungen auf einer digitalen Karte im Fokus stehen." Kommentarfunktionen sind nicht nur hilfreich sondern essentiell für räumliche Planung. Es gibt hier ca 20 Jahre Forschung - einer der bekanntesten Authoren in diesem Kontext ist Prof. Claus Rinner unter dem Stichwort Argumentation Maps: http://www.ryerson.ca/~crinner/ Karten sollten nicht im Stile "entweder wir nutzen eine Karte oder wir nutzen einen Text" eingesetzt werden sondern können und sollte mit anderen Formen der Wissensdarstellung eingesetzt werden. Karten ermöglichen es ein räumlichen Kontext herzustellen, erlauben es über einen dargestellen Sachverhalt nachzudenken und Ihn zu hinterfragen und Wissen zu generieren oder zu erforschen. Der Mensch lebt in räumlichen Strukturen und ist sehr vertraut mit dem kann über den Raum einfachen Bezug zu Sachverhalten herstellen weil sehr sehr viele Themen einen direkten oder indirekten räumlichen Bezug haben. Karten können nicht nur "gespeichertes" räumliches Wissen darstellen, sondern unterstützen und ermöglichen den räumlichen Wissenserwerb!
geändert von tfechner am 1. Juni 2017