Die Funktionen für die Auswertung der Verfahren spielen für Verwaltung oder Vorhabenträger eine zentrale Rolle. Einerseits wird das Potenzial für einen Effizienzgewinn durch technische Unterstützung in der Verfahrensdurchführung optimal gehoben. Andererseits ist anzunehmen, dass sich durch den verstärkten Einsatz von E-Partizipationsangeboten – die gleichzeitig immer benutzerfreundlicher und bekannter werden – auch die Anzahl der Rückmeldungen steigen wird. Daher werden Systeme notwendig, die auf große Mengen an Beiträgen vorbereitet sind.
Die Auswertung der Beiträge besteht im Wesentlichen darin, eingegangene Text-Beiträge zu lesen, zu kategorisieren, zu beantworten und/oder in den Abwägungs- oder Entscheidungsprozess mit einfließen zu lassen. Die E-Partizipationssoftware soll im besten Falle in jeder dieser Phase unterstützen und dafür sorgen, dass die Aufwände für die manuelle Auswertung reduziert werden. Denn ein Hinweis vorneweg: Das Lesen der Beiträge wird man nicht vermeiden können.
Im Rahmen der Auswertung soll die Partizipationssoftware vier Aufgabenfelder abdecken:
Die Software soll Hilfestellungen zu den Vorarbeiten einer inhaltlichen Auswertung anbieten. Eine hilfreiche Funktion kann durch frei zu vergebende Kategorien oder Annotationen bereitgestellt werden. Dadurch wird bspw. eine Arbeitsteilung möglich: Eine Gruppe von Mitarbeitern zerteilt die Kommentare im System in thematisch eindeutige Einheiten und weist diese bestimmten zuvor definierten Kategorien zu. Daneben können auch parallele Kategoriesysteme genutzt werden, indem einerseits die Beiträge thematisch sortiert werden und andererseits auch inhaltlich nicht relevante Rückmeldungen aussortiert werden (z. B. Kommentare wie „Das sehe ich genauso!“). Durch diese vorbereitenden Maßnahmen kann die Auswertung der Fachabteilung erleichtert werden, weil sie sich mit Hilfe von Filter- und Sortieroptionen dann fokussiert mit ausschließlich relevanten Hinweisen zu einem bestimmten Themenbereich beschäftigen kann.
Eine Suchfunktion für die Besucher einer Website ist heute Standard und in den Basisfunktionen für ein E-Partizipationsangebot mit aufgeführt. Jedoch sollte auch eine Suchfunktion für die Auswertung der Beiträge im Backend in Erwägung gezogen werden. Dadurch lassen sich Beiträge mit denselben Satzteilen leicht finden und ggf. sogar Dubletten (Rückmeldung mit identischem Inhalt, der mehrfach vorhanden ist) identifizieren.
Das automatisierte Erkennen von Dubletten in einer großen Datenmenge kann mit etwas Aufwand technisch realisiert werden. Dies erscheint hilfreich, weil es bspw. in formellen Verfahren vorkommen kann, dass bestimmte Text-Vorlagen im Internet kursieren, die vielfach eingesendet werden, um einer bestimmten Position Nachdruck zu verleihen. Da sich das Gewicht eines (planerischen) Arguments aber nicht an der Menge der Menschen bemisst, die es einbringen, kann es die Effizienz der Auswertung steigern, wenn diese identischen Beiträge technisch unterstützt leicht aussortiert werden können. Jedoch wird es technisch anspruchsvoller, wenn die Beiträge leicht unterschiedlich sind, also wenige Sätze weggelassen oder umgeschrieben wurden. Ferner können auch gänzlich unterschiedliche Texte denselben Hinweis oder dasselbe Argument vorbringen. Da die Technik in diesen Fällen mittelfristig an ihre Grenzen stoßen wird, lohnt es sich dafür ebenfalls, die vorbereitenden Maßnahmen für die Auswertung zu stärken und bspw. eine Funktion anzubieten, mit der Beiträge, die die gleiche Aussage treffen, gebündelt und zusammengefasst dargestellt werden können. (In einem Beteiligungsverfahren können Beiträge mit demselben Inhalt auch dadurch vermieden werden, dass qualitätsfördernde Anreizstrukturen eingebaut werden. Bspw. werden die Nutzer vorab transparent und ausführlich darüber aufgeklärt, welche Form der Rückmeldung Einfluss auf das Verfahren haben kann oder Zustimmung kann mit Hilfe einer „Das unterstützte ich“-Funktion („Like“/“Daumen hoch“) zum Ausdruck gebracht werden.)
Die Nachvollziehbarkeit der Zerteilung von Beiträgen, der Bündelung von Rückmeldungen sowie ob und von wem ein Datensatz bereits bearbeitet wurde, muss dabei stets gegeben sein. Das ist nicht nur für das gemeinsame, effiziente Arbeiten im System erforderlich, sondern auch hilfreich, wenn den Beteiligten konkrete Rückmeldungen zu ihren Stellungnahmen gegeben werden sollen.
Zukünftig könnten semantische Textanalysen, die eine Vorklassifizierung von Beiträgen automatisiert durchführen, die Verwaltungsarbeit erheblich erleichtern. Forschungsarbeiten in diesem Bereich sollten auch für die Entwicklung von E-Partizipationsangeboten im Blick behalten werden.
Die Online-Plattform sollte einen zusammenfassenden Überblick über das Beteiligungsverfahren geben. Die Aktivitäten von Besuchern, Beiträge, Abstimmungen, usw. sollen durch die Software statistisch aufbereitet und mit Hilfe von Visualisierungen ergänzt werden. Diese Auswertungen sollten bereits während der Beteiligungsphase einsehbar sein und wo sinnvoll auch den Besuchern der Website zur Verfügung gestellt werden (z. B. „Wo gibt es die meisten Kommentare?“ oder „Wo gibt es die größte Zustimmung?“). Gegebenenfalls können diese quantitativen Daten in Kombination mit externen Web-Statistik-Tools, wie bspw. PIWIK, realisiert werden.
Damit für sowohl digitale wie auch analoge Stellungnahmen dasselbe Auswertungstool verwendet werden, muss eine effiziente Schnittstelle dafür eingerichtet werden, um die Rückmeldungen in Papierform zu digitalisieren. Hierfür können die Dokumente mit Scanner erfasst werden und anschließend eine Texterkennungs-Software genutzt werden.
Nach Abschluss des Beteiligungsverfahrens soll die Partizipationssoftware die Dokumentation und Archivierung unterstützen. Je nach Anforderung des Behördenumfelds ist dabei zwischen elektronischer Form oder Papierform zu unterscheiden. Die rechtlichen Anforderungen sind hier bereits vor Bereitstellung der Software genau zu prüfen. Bei der Papierform sollte ein Export des Beteiligungsverfahrens konfigurierbar sein, die zu exportierenden Elemente sowie der Detaillierungsgrad sollten durch die Verwaltungsmitarbeitenden gewählt werden können. Bei der elektronischen Form sind zeitgemäße Exportformate wünschenswert, die die Daten aus dem Beteiligungsverfahren in einer strukturierten und einfach lesbaren Textform exportieren. Eine weitere wünschenswerte Funktion ist die direkte Anbindung an eine Schnittstelle eines anderen Systems der Verwaltung, wie e-Akte oder Dokumentenmanagement.
Wie unter 2.4 bereits beschrieben, ist der Aspekt des Transparentmachens des Gesamtprozesses und insbesondere des Follow-ups aus technischer Sicht zu wenig in diesem Entwurf zu finden. Beispiele wären u.a. - Prozessphasen / Zeitleiste - Nachverfolgung einzelner Beiträge im darauffolgenden Prozess (Monitoring) - Aufzeigen, wann aus Sicht der Beteiligungsorganisator_innen die Umsetzung abgeschlossen ist und keine Rückmeldungen erfolgen werden - Visuelle Darstellung der Ergebnisse und der Relation von konkreten Schritten z.B. durch Diagramme (und offen exportierbare Daten)
geändert von Deutscher Bundesjugendring am 2. Juni 2017
"Das automatisierte Erkennen von Dubletten in einer großen Datenmenge kann mit etwas Aufwand technisch realisiert werden. Dies erscheint hilfreich, weil es bspw. in formellen Verfahren vorkommen kann, dass bestimmte Text-Vorlagen im Internet kursieren, die vielfach eingesendet werden, um einer bestimmten Position Nachdruck zu verleihen." Dieser Text ist suggestiv. Ich habe irgendwo einen Kommentar gesehen, der ähnliche Bedenken bei automatisierten Dublettenerkennungen hatte, finden diesen aber durch die mangelnde Suchfunktion nicht wieder. Trotzdem: Doublettenerkennung in frei verfasstem Text ist extrem schwierig, da es n Wege gibt einen Sachverhalt zu formulieren. Wenn es um simple Phrasen geht gibt es gewiss Möglichkeiten, aber was bitte ist "etwas" Aufwand? Bitte streifen Sie "etwas". Wenn hier das Wort "Dublette" identisch mit den genannten "Text-Vorlagen" ist die fast identisch mehrfach vorkommt stimme ich zu. Dies scheint der Fall zu sein. Aber inhaltiche Doubletten (die ja eine Tendenz ablesen lassen könnten wenn sie von individuellen Nutzern kommen) handelt es sich um ein aktives nicht triviales Forschungsfeld von Computerlinguisten. Spontante Idee: Ein Gloassar mit Begriffserklärungen könnte diesem Dokument gut tun. Z.b. könnte erkärt werden was unter Dublette verstanden wird.